Das Projekt „Lebensmelodien“ bringt jüdische Werke aus der Zeit des Holocaust wieder zum Erklingen. Diese Melodien, die größtenteils in Vergessenheit geraten sind, sollen nun, mehr als 75 Jahre später, wieder gehört werden. Einige dieser Werke werden als Uraufführungen präsentiert, bereitgestellt von den Nachkommen der Holocaust-Überlebenden. Andere Melodien, die damals gesungen wurden, werden für Instrumente bearbeitet und von einem klassischen Ensemble aufgeführt. Das vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung geförderte Projekt macht dieses besondere Erbe an verschiedenen Orten in Deutschland hörbar.
Auch die Schülerinnen und Schüler der 10. Klasse am Landesmusikgymnasium Rheinland-Pfalz in Montabaur haben dieses Sinnbild für Demokratieerziehung als fächerübergreifendes Projekt aufgegriffen. Sie wählten einige dieser Melodien aus, um sie neu zu arrangieren und mit ihren Ensembles einzustudieren. Ihr musikalisches Vorbild ist Nur Ben Shalom, der das Projekt ins Leben gerufen hat. Er unterstützte die Schülerinnen und Schüler in der Woche vom 10.06.-14.06. in kleinen Workshops, um ihre individuellen Stärken und Besonderheiten in der musikalischen Umsetzung hervorzuheben. Sein unglaubliches Klarinettenspiel wurde in einem kleinen Zwischenspiel bei einem der Konzerte erfahrbar.
Die Schülerinnen und Schüler haben sowohl mit ihrem ersten Konzert am 11.06.2024 in der St. Ulrich-Kirche in Deidesheim als auch mit ihrem zweiten Auftritt in der evangelischen Kirche in Selters (WW) den Liedern und Musikstücken der Ermordeten neues Leben eingehaucht. Ein Zuschauer bemerkte treffend: „Wie professionell und empathisch sich die Schüler einer zehnten Klasse dieser schwierigen Musik angenommen haben, wird beim Stichwort ‚Rechtsruck der Jugend‘ vorsichtiger urteilen.“
Die ausgewählten Stücke spiegelten das religiöse jüdische Leben wider, wie das Pessah-Fest oder den Shabbat, ebenso wie die Erinnerungen einzelner Juden an im KZ verlorene Angehörige. Ein Beispiel dafür ist Ida Pinkert, deren Melodien in unterschiedlichen Besetzungen und Genres mehrfach erklangen.
Im Verlauf des Konzerts traten die Schülerinnen und Schüler in immer neuen Formationen auf: Vom vierköpfigen Saxophonensemble über eine ungewöhnliche Zusammenstellung aus verschiedenen Blasinstrumenten, Streichern und Glockenspiel bis hin zu einem Ensemble aus Cello, Geige, Klarinette, Klavier und Gesang. Auch damit unterstrichen die Schülerinnen und Schüler ihre Vielseitigkeit. Es war eine unglaubliche Leistung, die Kompositionen und Arrangements, die von den Schülern selbst entwickelt wurden, live zu gestalten.
Das Engagement der Schülerinnen und Schüler sowie der begleitenden Lehrkräfte – Herr Christoph Haxel-Schamuhn (Initiator des Projektes an der Schule), Frau Sarah Neuroth und Herr Stephan Müller (Musiklehrer) – und der hohe musikalische Standard des Vorgeführten wurden sowohl von den über 150 Zuschauenden in Deidesheim als auch von den weit über 300 Zuschauern in der evangelischen Kirche in Selters mit langanhaltendem Applaus und großzügigen Spenden gewürdigt. Diese Spenden ermöglichen den Schülerinnen und Schülern Auftritte in Auschwitz und Krakau, um dort ihre musikalische Botschaft weiterzutragen.